Mittwoch, 29. Juni 2022
Unter dem Vulkan
Donnerstag, 30. Juni 2022
End of Days
Freitag, 01. Juli 2022
Bless á næsta ári
Mittwoch, 29. Juni 2022
Unter dem Vulkan
-
Wetter
Temperatur 10-16°C ● bewölkt, kein Regen ● geringer Wind
-
Wegstrecke
Auto: 140 km / zu Fuß: 6 km
Die Reise 2022 näherte sich langsam aber sicher ihrem Ende. Heute war der letzte Tag mit freier Gestaltungsmöglichkeit. Da ich noch einige Ziele offen hatte und an den Vortagen einige ausgelassen hatte, stand für heute also eine ‚Resteverwertung‘ an.
Außerdem hatte ich mir am Vorabend eine Schramme im Bein zugezogen. Deshalb wollte ich auch noch in eine Apotheke, um Pflaster zu besorgen, da ich nicht so viele in der erforderlichen Größe dabei hatte. Und nächste Apotheke bedeutet hier 55 Kilometer Entfernung bis Grundarfjörður.
Arnarstapi
Start war im Nachbarort Arnarstapi, wo ich am Morgen auf weniger Touristen hoffte. Und dem war auch so. Auffällig in Arnarstapi ist ein aus Stein geschichtete Skulptur. Leider fanden dort gerade Modernisierungsmaßnahmen statt, so dass es nicht so fotogen wirkte. Die vom Künstler Ragnar Kjartansson entworfene Skulptur stellt die Sagenfigur Bárður Snæfellsás dar.
Die Bárðar saga Snæfellsáss (Die Geschichte von Bárður, dem guten Geist vom Berg Snæfell) ist eine isländische Saga. Sie wurde um das Jahr 1350 niedergeschrieben und erzählt vom ersten Siedler der Region, Bárður. Dieser stammte von einem Halb-Troll ab und soll daher deutlich größer und stärker als andere gewesen sein. Seine Mutter war eine der größten und schönsten Frauen ihrer Zeit, sein Vater Dumbur war ein halber Riese oder ein halber Troll. Bárður wurde um 900 geboren.
Zusammen mit seiner Frau, seinen Töchtern und einigen Freunden wanderte Bárður nach Island aus und ließ sich in Djúpalón an der Südküste der Halbinsel Snæfellsnes nieder. Bárðurs Halbbruder Þorkell wanderte ebenfalls mit seiner Familie aus und ließ sich in Arnarstapi nieder. Sie flohen vor der Tyrannei von Harald, dem König von Norwegen.
Bárður galt lange Zeit als Schutzpatron der Region. Er neigte aber auch zu Gewalttaten. So tötete er seine beiden Neffen Rauðfeldr und Sölvi, die nicht auf seine Tochter Helga aufgepasst hatten, die deshalb auf einer Eisscholle bis nach Grönland trieb. Rauðfeldr warf er in die Schlucht Rauðfeldsgjá, Sölvi stürzte er von der hohen Klippe Sölvahamar.
Die Tochter Helga wurde laut der Sage die Entdeckerin von Grönland, nachdem sie fast 300 Kilometer dorthin auf der Eisscholle getrieben war. Sie kam aber später heil zurück.
Nach einem weiteren Konflikt mit seinem Halbbruder Þorkell verschwand Bárður im Snæfellsjökull, wo er noch immer hausen soll.
Von der Skulptur aus sind es nur wenige Meter bis zur Küste. In den zerklüfteten Felsen leben zahlreiche Seevögel. Hier findet man Mantelmöwen, Dreizehenmöwen, Eissturmvögel und Küstenseeschwalben. Ein besonders markanter Felsen ist Gatklettur, ein natürlicher Steinbogen aus Basalt.
Arnarstapi selbst ist ein kleines Fischerdorf unterhalb des markanten Berges Stapafell. Es verfügt über zahlreiche ältere und auch modernere Häuser, einen Hafen und Gastronomie, aber keinen Supermarkt! Dafür aber über eine der minimalistischsten Tankstellen, die ich gesehen habe: eine Zapfsäule für Benzin und Diesel, der Zahlautomat und eine Lampe, mehr braucht es nicht.
Direkt neben der Tankstelle befindet sich eine Gedenktafel für den französischen Schriftsteller Jules Verne bzw. dessen Roman Reise zum Mittelpunkt der Erde.
Ófært
Unweit von Arnarstapi zweigt die Straße 570 nach Norden ab. Diese führt in über 700 Meter Höhe über den Pass am Snæfellsjökull. Ich wusste, dass die Straße immer noch gesperrt war, wollte aber einmal schauen, wie weit man kommt. Es war nicht weit, dann erschien das Schild Ófærð, also gesperrt.
Nur rauf, nicht rein
Von hier war es nicht weit bis zur Rauðfeldsgjá, die bereits weiter oben im Zusammenhang mit Bárður Snæfellsás erwähnt wurde. Rauðfeldsgjá ist eine sehr schmale Schlucht am Berg Botnsfjall, in die man hineinklettern kann. Vorausgesetzt, man möchte einmal richtig nass werden.
Mir war eigentlich von Anfang an klar, dass ich da nicht hineingehe, ich bin nicht sehr trittsicher und mit der teuren Fotoausrüstung möchte ich auch kein Risiko eingehen. Woanders auf der Welt wäre ich wohl kaum hinaufgestiegen, aber hier in Island ist für mich alles anders, die überwältigende Landschaft übt einen so starken Reiz aus, dass ich dennoch den Anstieg bis zum Eingang der Schlucht in Angriff genommen habe.
Beginnend an einem Parkplatz geht der Weg auf knapp 500 Metern Strecke um 155 Meter aufwärts. Dann beginnt die Schlucht, in die ich nur hineingeblickt habe. Und da war ich bei weitem nicht der Einzige. Entschädigt für den Aufstieg wurde ich aber durch den herrlichen Ausblick in die weite Umgebung.
Nach dem Abstieg war es wieder nur ein kurzer Weg zum nächsten Etappenziel, auf dem ich wegen der herrlichen Umgebung aber dennoch einen Zwischenstopp einlegte.
Bjarnafoss
Der Fluss Bjarnaá stürzt bei Landakótsgíl um 80 Meter in zwei Stufen in die Tiefe und bildet einen sehr schönen, bereits von weitem sichtbaren Wasserfall. Unterhalb befindet sich ein großer Parkplatz, von dem aus man zum Wasserfall wandern kann. Wie ich erleben durfte, ist der Bjarnafoss auch ein Anlaufpunkt für Touristenbusse. Zum Glück hatte ich meine Fotos schon im Kasten, als sich die Busladung in der Gegend ausbreitete.
Dann ging es nach Grundarfjörður zur Apotheke. Die Rücktour machte ich wieder über die Straße 574, wobei ich in Ólafsvík eine kleine Rast einlegte. Hier stellte ich fest, dass der dortige Supermarkt Kassinn deutlich größer als erwartet war, so dass ich zwei Tage zuvor nicht bis zum Bónus in Stykkishólmur hätte fahren müssen.
Zwischen Ólafsvík und Rif machte ich noch einen kurzen Abstecher zu zwei Wasserfällen, dem Kerlingarfoss und dem Svöðufoss.
Angriff der Killerschwalben
In Rif machte ich noch Bekanntschaft mit dem wohl gefährlichsten Tier in Island, der Küstenseeschwalbe. Bereits an der Ortsdurchfahrt standen große Warnschilder vor dem starken (Vogel-)Flugverkehr. Ich bog interessehalber kurz in die Ortslage ein und musste feststellen, dass die Vögel alles im Griff hatten. Sie spazierten auf und neben der Straße herum und machten erst kurz vor mir Platz.
Die Vögel legen ihre Eier nämlich am Boden auch nahe von Wegen und Straßen ab und verteidigen die Gelege dann gemeinschaftlich gegen jeden, der ihnen zu nahe kommt. Wenn man Pech hat, hacken sie einem mit dem Schnabel in den Kopf. Deshalb sollte man immer einen Stock o.ä. über den Kopf halten. Besser noch ist es natürlich, die Vögel in Ruhe zu lassen.
In Rif befindet sich auch ein See mit einem Unterstand, von dem aus man die Vögel beobachten kann. Ich versuchte, Aufnahmen von fliegenden Küstenseeschwalben zu machen. Dafür waren die Vögel aber zu schnell. Oder ich zu langsam.
Auf der Rückfahrt machte ich nur noch kurz in Malarrif halt. Dort war das Besucherzentrum am Vortag noch nicht geöffnet gewesen. Im Angesicht von zwei Busladungen Touristen habe ich aber schnell wieder das Weite gesucht.
Donnerstag, 30. Juni 2022
End of Days
-
Wetter
Temperatur 10-12°C ● zeitweise Regen und Nebel ● mäßiger Wind
-
Wegstrecke
Auto: 255 km / zu Fuß: 3 km
Ein Tag ohne Foto! Am Vormittag musste ich das Ferienhaus wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzen. Also Küche und Bad putzen, den Fußboden wischen und saugen, den Müll wegbringen. Aber alles schön in Ruhe, ich hatte nichts mehr vor und war auch nicht auf der Flucht.
Gegen 11 Uhr bin ich dann aufgebrochen. Es war ein eigenartiges Wetter. Die Sicht war gut, aber das änderte sich etwa 50 Meter über mir. Nebel, ab und an ein kleiner Regenschauer. Es war nicht eine der Stellen zu sehen, die ich an den Tagen zuvor fotografiert hatte. Erst im Raum Borgarnes wurde es etwas schöner. Nach einer P-Pause ging es weiter. Da ich ja schon alle Mitbringsel hatte, habe ich Reykjavík nur durchfahren und bin gleich nach Keflavík gefahren, um mein Wäschepaket zurückzubringen. Ich musste dieses nur in einen Container werfen.
Dann bin ich zum Flughafen gefahren, weil ich etwas erkunden wollte. Ich hatte in den Vorjahren immer folgendes Problem: ich muss ja früh gegen halb sechs den Mietwagen abgeben. Von dort zum Terminal ging es das erste Stück immer über Schotter, was mit dem Rollkoffer nicht lustig war. Durch den early-check-in im Vorjahr war es viel angenehmer, da hatte ich nur noch den Fotorucksack dabei.
Ich wollte nun schauen, ob man das Gepäck bereits am Vortag abgeben kann. Geht nicht. Variante zwei: gibt es eine Gepäckaufbewahrung? Ja, aber die ist auch mehrere 100 Meter entfernt, das bringt also nichts. Also doch das Gebuckel am nächsten Tag!
Auf dem Weg zum Hotel habe ich noch vollgetankt und mir etwas zum Abendbrot besorgt. Die Übernachtung war wie in den Vorjahren im Hotel Eldey.
Freitag, 01. Juli 2022
Bless á næsta ári
-
Wetter
Temperatur 11°C ● wolkig, kein Regen ● mäßiger Wind
-
Wegstrecke
Auto: 7 km / zu Fuß: 1 km
Um 5 Uhr klingelte der Wecker. Schnell ins Bad und dann ins Auto. Die letzten Sachen in den Koffer gepackt (den hatte ich im Auto gelassen) und los ging es zum Flughafen. Vor der Mietwagenrückgabe eine lange Autoschlange. Was bitte soll das? Aber zum Glück wollten die zur Konkurrenz.
Und dann große Freude: das Gelände war asphaltiert worden, also kein Problem mit dem Rollkoffer. So war ich zügig am Terminal. Ich suchte nach einem check-in-Automaten. Ich war zwar schon online eingecheckt, musste aber noch mein Gepäck anmelden.
Die Hälfte der Check-In-Automaten war nicht in Betrieb, bei einigen wurde Icelandair nicht angeboten, bei weiteren war der Drucker kaputt. Ich sah mich schon in der langen Schlange zum Schalter stehen. Aber es war zum Glück relativ viel Personal unterwegs und so fanden wir gemeinsam einen funktionierenden Automaten, der mir meine Gepäckbanderole druckte.
Dann ging es mit dem Koffer zum Aufgabeautomaten. 22,6 Kilo, da hätten doch glatt noch vier Tafeln Schokolade reingepasst. Beim der Sicherheitskontrolle ging es zügig und so war ich schon zehn nach sechs im Duty-Free-Bereich, wo ich noch ein paar Mitbringsel erwarb.
Eine wunderschöne Reise 2022 hatte ihr Ende gefunden!