In einem Fernsehquiz wurde unlängst folgende Frage gestellt:
Warum konnte bis zum November 1963 niemand die isländische Insel Surtsey betreten?
Die Antwort: Weil die Insel davor noch nicht existierte!
Vestmannaeyjar
Vestmannaeyjar, die Westmännerinseln, sind eine Inselgruppe 10 bis 30 Kilometer südlich der isländischen Küste. Sie sind erst in den letzten 10.000 bis 12.000 Jahren durch vulkanische Aktivitäten entstanden. Bis 1963 bestand das Archipel aus den 14 Inseln
- Heimaey (13,4 km², als einzige bewohnt)
- Álsey (0,25 km²)
- Bjarnarey (0,32 km²)
- Brandur (0,1 km²)
- Elliðaey (0,45 km²)
- Geirfuglasker (0,02 km²)
- Geldungur (0,02 km²)
- Grasleysa
- Hani
- Hæna
- Hellisey (0,1 km²)
- Hrauney
- Suðurey (0,20 km²)
- Súlnasker (0,03 km²)
Im November 1963 kam eine 15. Insel hinzu.
Lage
Die folgende Karte zeigt die Lage von Surtsey (ganz links unten).
Entstehung
Eruption
Die Eruption begann in etwa 130 Metern Tiefe unter dem Meeresspiegel und erreichte am Morgen des 14. November die Oberfläche. Der tatsächliche Beginn liegt mit Sicherheit aber einige Tage früher. Erste Anzeichen vulkanischer Aktivität wurden bei seismischen Messungen vom 6. bis 8. November festgestellt. Am 12. November bemerkte man im 80 Kilometer entfernten Vík í Mýrdal Schwefelgeruch.
Die submarinen Öffnungen, die Surtsey hervorbrachten, sind Teil des unterseeischen Vulkansystems Vestmannaeyjar.
Die ersten, die die Eruption bemerkten, war die Besatzung des Fischtrawlers Ísleifur II, die um 7:15 eine dunkle Rauchsäule über dem Wasser beobachtete. Da man es zunächst für ein brennendes Boot hielt, stellte man Nachforschungen an. Es kam dann aber zu explosiven Eruptionen, deren Aschewolken eine Höhe von 9 Kilometern erreichten. Lavabrocken wurden bis zu einem Kilometer weit geschleudert.
Die neue Insel wurde nach Surtr (bzw. Surtur, der Schwarze) benannt, dem Feuerriesen aus der nordischen Mythologie. Surts ist der Genitiv von Surtur, und -ey steht für Insel. Der Hauptkrater trägt den Namen Surtur.
Die ersten Menschen, die die neue Insel betraten waren am 6. Dezember 1963 drei französische Journalisten, die daraufhin scherzhaft die französische Souveränität für Surtsey beanspruchten.
Als die Insel Anfang 1964 so groß geworden war, dass das Meerwasser die Schlote nicht mehr erreichen konnte, ließen die explosiven Eruptionen nach, es kam verstärkt zu Lavafontänen und -flüssen. Dadurch bildete sich über dem lockeren Auswurfmaterial eine festere Lavaschicht und diese wiederum verhinderte das schnelle Wegspülen der neune Insel.
Der Ausbruch dauerte bis zum 5. Juni 1967 und somit mehr als 3½ Jahre. Nach dem Ende der Eruption hatte die Insel ihre maximale Größe von 2,7 km², der höchste Punkt lag bei 174 Metern über dem Meeresspiegel.
Syrtlingur
Ende Mai 1965 erschien 600 Meter nördlich von Surtsey eine weitere Insel, die Syrtlingur (little Surtsey) genannt wurde. Sie wurde nach wenigen Tagen weggespült, tauschte aber Mitte Juni nochmals auf.
Anfang Oktober 1965, als die Insel auf 0,15 km² angewachsen war, hörten die Eruptionen auf und am 24. Oktober war die Insel wieder verschwunden.
Entwicklung
Wellenerosion hat dazu geführt, dass Surtsey stetig an Größe verliert. Ab etwa 2012 beträgt die Fläche nur noch 1,3 km². Die Erosion schreitet weiter voran, es wird aber damit gerechnet, dass Surtsey noch mindestens 100 Jahre existieren wird.
Die höchste Erhebung auf der Insel liegt heute bei 155 Metern über dem Meeresspiegel. Der Höhenverlust von knapp 20 Metern wird auf die Komprimierung des lockeren Gesteins zurückgeführt.
Forschung
Bereits während der Eruption wurden geologische Studien durchgeführt, darunter zum Beispiel Studien über das Fließen von Tephra und Lava und über See- und Windeffekte auf die Insel.
Als nahezu perfekter Ort für die Beobachtung der Entstehung von Leben wurde Surtsey 1965, also noch während der Eruption, unter Naturschutz gestellt. Auch heute dürfen nur wenige Wissenschaftler die Insel betreten. Dadurch kann die natürliche Veränderung und Entwicklung der Lebensformen auf der Insel ohne Einmischung von außen ablaufen.
Pflanzen
Bereits 1965 wurden die ersten Pflanzen auf Surtsey entdeckt. 1967 wurden Moose und 1970 Flechten gefunden. Heute bedecken Moose und Flechten einen Großteil der Insel. Von den zeitweise 20 beobachteten Pflanzenarten konnten sich anfangs nur 10 behaupten. 1998 wurde der erste Busch entdeckt.
Seit Vögel auf der Insel nisten, haben sich die Bodenbedingungen verbessert (natürliche Düngung). Es gibt auf Surtsey inzwischen etwa 30 Pflanzenarten, jedes Jahr kommen welche hinzu.
Tiere
Drei Jahre nach dem Ende der Eruptionen begannen die ersten Vögel auf Surtsey zu nisten. Dies steht in engem Zusammenhang mit der Ansiedlung der Pflanzen, die die Vögel zum Nestbau benötigen. Seit 1984 gibt es eine Möwenkolonie.
Surtsey dient auch einigen Zugvögeln als Zwischenstation. Seit 1983 wurden auch Kegelrobben und Seehunde beobachtet.
Überwachung
Für die Wissenschaftler existiert nur eine kleine Hütte mit der für die Forschung notwendigen Ausrüstung. Es wird streng darauf geachtet, jeglichen menschlichen Einfluss auf die Entwicklung zu verhindern. Es dürfen zum Beispiel keine Samen eingeschleppt werden.
Als Kinder zur Insel gerudert waren und dort Kartoffeln anpflanzten, wurden diese vernichtet. Also die Kartoffeln, nicht die Kinder 🙂
In unsachgemäß behandelten menschlichen Exkrementen wuchs eine Tomatenpflanze, auch diese wurde entsorgt.
Die Surtseyjarfélagið (Surtsey Research Society) kümmert sich um die Organisation der Forschung und erteilt als Einzige Genehmigungen zum Betreten der Insel. Das Ziel dieser Organisation ist, ‚Untersuchungen in Geologie und Biologie in Verbindung zu Surtsey und Island im Allgemeinen zu unterstützen‘. Surtseyjarfélagið führt aber keine eigenen Untersuchungen durch.
Bedeutung
Die UNESCO hat Surtsey 2008 in Anerkennung des großen wissenschaftlichen Wertes zum Weltkulturerbe erklärt.