Reise 2020

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Freitag, 14. August 2020
entlang der Südküste

Samstag, 15. August 2020
Traummotiv

Sonntag, 16. August 2020
in Reich der Eisberge

 

Freitag, 14. August 2020

entlang der Südküste

 
  • Wetter

    Temperatur 15 - 19°C ● kein Regen, zwischen Skaftafell und Höfn nebelig ● leichter Wind

  • Wegstrecke

    Auto: 438 km / zu Fuß: 5 km

Ein Reisetag stand an, und zwar der längste der ganzen Reise 2020. Es ging von Reykjavík entlang der isländischen Südküste bis in den Raum Höfn, eine Strecke von knapp 450 Kilometern. Da das Wetter fantastisch war und sich somit unterwegs zahlreiche Motive bieten würden, machte ich mich bereits gegen 9:00 Uhr auf den Weg. Es ging aus Reykjavík hinaus und dann auf die Ringstraße.

Den ersten Teil bis in den Bereich des Eyjafjallajökull fuhr ich zügig durch, hier war ich ja bereits 2019 und 2016 gewesen. Wegen des sonnigen Wetter gelang mir dann hier mein erstes Foto des Vulkans ohne Wolkenverhüllung.

Drangurinn í Drangshlíð 2

Der nächste Stopp war dann bei Drangurinn í Drangshlíð 2, gelegen kurz vor dem Skógafoss. Drangurinn ist eine originelle Tuffsteinformation, die bei der Farm Drangshlíd unterhalb des Eyjafjöll steht. Unter diesen Felsen befinden sich Höhlen und Durchgänge, zu denen im Laufe der Jahrhunderte zusätzlich Gebäude angelegt wurden. Laut isländischer Folklore wurde dieser riesige Felsbrocken aus den Bergen gerissen und an seinem derzeitigen Standort platziert, wo er die Heimat von Elfen wurde.

Weiter ging die Fahrt in Richtung Osten. Kurz nach Passieren des Berges Pétursey gelang mir ein schönes Panorama mit Pétursey (ganz links), dem Eyjafjallajökull (links) und der Katla (in der Mitte hinten).

Panorama mit den schneebedeckten Gipfeln von Eyjafjallajökull (links) und Katla (Mitte) ● ©2020

Vík í Mýrdal

In Vík í Mýrdal legte ich einen Zwischenstopp ein, um noch einmal von der Anhöhe der Kirche aus den fantastischen Blick in Richtung Reynisdrangar zu genießen.

Im Supermarkt Kr.- (keine Ahnung warum der so heißt, es ist eigentlich ein normaler Krónan) füllte ich meine Lebensmittelvorräte auf, da hier für die nächsten 250 Kilometer – bis auf den sehr kleinen Markt in Kirkjubæjarklaustur – die letzte Möglichkeit dafür bestand. Auch an so etwas muss man hier denken, die Entfernungen sind eben zum Teil sehr hoch.

Nach weiteren 40 Kilometern stoppte ich an einem Parkplatz an der Abzweigung der Straße 209 von der Ringstraße. Es gab hier auch ein WC-Häuschen mit Aussichtsplattform. Diese benötigte ich aber gar nicht, der Ausblick war auch so atemberaubend, in Richtung Osten zur Katla, in Richtung Westen bis zum 100 Kilometer entfernten Massiv des Öræfajökull!

Den kleinen Ort Kirkjubæjarklaustur passierte ich ohne Halt, in der nächsten Woche hatte ich hier ja meine dritte Zwischenstation. Nach einigen Kilo­metern gelangte ich in ein Gebiet mit mehreren Sehenswürdigkeiten. Im Jahr 2016 hatten wir hier die Dverghamrar besichtigt. Ich wollte mich deshalb diesmal mit den Wasserfällen der Umgebung beschäftigen.

Foss á Síðu

Schon von Weitem ist der Foss á Síðu zu erkennen, der hier 82 Meter in die Tiefe stürzt. Auf dem Weg passiert man aber zuvor noch einige kleinere Wasserfälle, die nicht einmal Namen tragen, sondern einfach durchnummeriert sind, wie man auf dem Orientierungs­schild sehen kann.

Der Wasserfall wird als Foss á Síðu bezeichnet, dies ist das aber auch Name des Hofes. Foss á Síðu heißt wörtlich übersetzt ‚Wasserfall auf der Seite‘. Das Wasser des Baches Fossá stammt aus dem oberhalb gelegenen See Þórutjörn und stürzt hier über die moosbedeckten Tuffklippen in die Tiefe. Auf die obere 73 Meter hohe Stufe folgt noch eine zweite. Bis direkt zum Wasserfall kann man nicht gelangen, da sich das Gelände in Privatbesitz befindet.

Der Wasserfall führt nicht sehr viel Wasser und bei starken Winden, die in dieser Gegend nicht selten sind, kann es vorkommen, dass er im wahrsten Sinne des Wortes vom Winde verweht wird und nicht am unteren Ende ankommt.

Eigentlich wollte ich auch noch bei den Dverghamrar halt machen, da wir 2016 nicht das gesamte Areal erkundet hatten. So langsam begann mir aber die Zeit davon zu laufen. Ich wollte spätestens 18:00 Uhr in der neuen Unterkunft sein. Und wie weiter oben beim Blick Richtung Öræfajökull zu sehen, gab es da noch eine mysteriöse Dunstwolke, ich wusste also nicht, welches Wetter ich noch zu erwarten hatte.

So hob ich mir Dverghamrar für den Rückweg auf und stoppte kurz danach an einem weiteren Wasserfall, der direkt links der Ringstraße liegt.

Dieser hört auf den Namen Fossálar, wird oft aber einfach nur Foss genannt. Die Stelle kann leicht übersehen werden, aber rechts der Straße befindet sich eine größere geschotterte Parkmöglichkeit. Dieser Wasserfall ist nicht so spektakulär wie die bereits vorgestellten. Dennoch hat auch er einen besonderen Reiz, das Wasser stürzt hier nicht aus größerer Höhe hinab, vielmehr springt es in mehreren nicht allzu hohen Kaskaden stromabwärts.

Die Fahrt ging weiter über die ausgedehnte Ebene des Skeiðarársandur. Am Skeiðará Bridge Monument legte ich einen kurzen Fotostopp ein, da sich ein herrlicher Blick zum Gipfel des höchsten Berges Islands, des Hvannadalshnúkur (2109 Meter) bot. Beim Besuch 2016 hatten wir zwar auch schönes Wetter gehabt, der Gipfel hatte sich aber bereits in den Wolken befunden.

Nachdem die Ringstraße am Skaftafell einen kräftigen Schwenk in Richtung Süden machte, näherte ich mich nun der bereits oben erwähnten Dunstwolke. Aber eigentlich konnte ich gar nicht klar erkennen, ob es sich um Dunst oder Nebel oder Staub handelte. Die Sicht wurde einfach schlechter, aber nicht so schlimm wie befürchtet, so dass ich problemlos fahren konnte. Dieser Umstand hielt für die nächsten 70-80 Kilometer an. Obwohl ich dicht am Gletscher und den Berghängen fuhr, war davon kaum etwas zu sehen. Lediglich von der Hängebrücke am Jökulsárlón aus sah ich ein paar Eisberge treiben.

Nýpugarðar

Als ich mich meinem Tagesziel näherte, wurde die Sicht dann langsam besser. Mein Quartier für die nächsten drei Nächte war im Guesthouse Nýpugarðar, einer Pension, die auf einer Schaffarm beheimatet ist. Man erreicht Nýpugarðar über die Schotterstraße 9825, die etwa 30 Kilometer vor Höfn nach rechts von der Ringstraße abzweigt. Nach Passieren einer Farm und einer verlassenen Farm erreicht man über die Straße 9826 nach insgesamt 3,5 km das auf einem Hügel oberhalb der Farm gelegene Gasthaus. Es verfügt über Zimmer im Haupthaus, weitere in einem separatem Bau und zwei kleine Ferienhäuser.

Nýpugarðar liegt auf einem Hügel und bietet einen herrlichen Blick über die Gletscherzungen, die Bergrücken bei Hornafjörður und die Küste. Die Internetadresse glacierview.is ist also voll zutreffend! Die Farm beherbergt 700 Schafe, die während der Sommermonate aber in freier Natur leben.

Die Besitzerin der Farm und der Pension ist sehr nett und um das wohl ihrer Gäste bemüht. Am Morgen kümmert sie sich um das Frühstück, am Abend kocht sie für die Gäste.

Ich habe hier dann auch die Gelegenheit genutzt, mit Einheimischen (in Person der Wirtin) ins Gespräch zu kommen. Und ich glaube sie war auch erfreut, einen Gast zu haben, der mehr als nur ‚Hallo‘ sagt. So konnte ich auch aus erster Hand ein paar isländische Vokabeln – oder eher deren Aussprache – erlernen. Sie gab mir auch Tipps, was man abseits vom Reiseführer noch anschauen sollte. Dazu aber später mehr.

Während ich mich in den anderen Unterkünften, bei denen es sich immer um Hotels handelte, selbst verpflegt hatte, habe ich hier jeden Abend in der Pension gegessen.

Es gibt nur eine kleine Karte mit einer Suppe des Tages, einem Fischgericht des Tages (das war während meiner Anwesenheit immer Lachs), einem Lammgericht und drei verschiedenen Burgern, dazu drei Desserts. Aber mehr braucht man für ein paar Tage auch nicht. So habe ich mich an den drei Abenden quer durch die Karte gefuttert.

Am ersten Abend gab es eine Blumenkohlsuppe und den Fisch des Tages (siehe Foto), am zweiten Abend gönnte ich mir einen sehr leckeren Vatnajökull-Burger (mit Lammfleisch und vielen Pommes) und ein Eis und am dritten Abend gab es eine Champignonsuppe und das Lammgericht. Dazu gab es jeweils ein kleines Bier. Vorrätig waren zwei Sorten aus einer einheimischen Brauerei. Am dritten Abend bekam ich noch gratis (‚for my friend‘) ein Rhabarber­kompott.

Es war alles ehrliche Landküche und sehr lecker. Der Preis war natürlich auch isländisch, für die drei Abende zusammen habe ich 15.500 ISk (also umgerechnet 96 Euro) bezahlt. Allein eine 0,33l-Flasche Bier lag bei knapp 6 Euro. Aber ich habe keinen Cent bereut.

Samstag, 15. August 2020

Traummotiv

 
  • Wetter

    Temperatur 15 - 18°C ● nach Nebelauflösung sonnig, kein Regen ● mäßiger, auf Stokksnes kräftiger Wind

  • Wgstrecke

    Auto: 176 km / zu Fuß: 9 km

Warum hatte es mich eigentlich bis in diese Gegend verschlagen, so weit in den Südosten der Insel? Nun, ich hatte ein ganz konkretes (Foto-)Ziel: die Halbinsel Stokksnes mit dem Vestrahorn. Und das stand nun für diesen Tag auf meinem Programm.

Am Morgen war es noch etwas nebelig, aber bereits während des Frühstücks wurde die Sicht langsam besser und gab auch der fantastischen Blick auf die drei Gletscherzungen frei. So machte ich mich in freudiger Erwartung auf ein paar schöne Fotos auf den Weg.

Höfn

Zunächst machte ich einen Abstecher in das knapp 40 Kilometer entfernte Höfn. Höfn (korrekt: Höfn í Hornafirði) ist mit knapp 2.000 Einwohnern eine für isländische Verhältnisse große Stadt. Die Stadt liegt am östlichen Ufer des Fjordes Hornafjörður. Die nächstgelegenen Orte sind das 204 Kilometer entfernte Kirkjubæjarklaustur im Westen sowie Djúpivogur in Richtung Nordosten, welches reichlich 100 Kilometer entfernt ist. Höfn besitzt neben dem bereits in der Nähe von Reykjavík gelegenen und somit etwa 400 Kilometer entfernten Þorlákshöfn den einzigen Hafen der isländischen Südküste. Auch findet man hier alle für die Funktion als Versorgungszentrum der Region notwendigen Einrichtungen.

Im Süden der Stadt liegt die Halbinsel Ósland, eine versandete ehemalige Insel. Hier kann man unter anderem arktische Seeschwalben beobachten. Auf dem Hügel Óslandshæð steht ein Denkmal für die auf See gebliebenen Fischer. Entlang der Küste hat man in der Umgebung von Höfn einen Natur­lehrpfad angelegt, Náttúrustígur á Höfn. Vom Weg aus hat man einen großartigen Blick auf die Gletscher und den südöstlichen Teil des Vatnajökull-Nationalparks. Auf dem Pfad ist auch ein Modell des Sonnensystems in den richtigen Größen- und Entfernungsverhältnissen installiert. Die Sonne befindet sich unmittelbar am Denkmal. Alle Planeten sind mit Infotafeln versehen. Auch wird viel über die Geologie und Flora der Gegend berichtet.

Stokksnes

Nach etwa 6 Kilometern Fahrt auf der Ringstraße von der Abzweigung der Straße 99 aus biegt nach rechts eine Schotterpiste in Richtung Stokksnes ab. Diese Stelle kann leicht übersehen werden! Auf dem Weg dahin befindet sich auch ein Aussichtspunkt mit Parkbucht, von dem aus man einen schönen Blick in die Umgebung hat.

Die Ringstraße verschwindet hinter dem Abzweig der Schotterstraße nach kurzem Anstieg in einem Tunnel, dem Almannaskarðsgöng, welcher 2005 eröffnet wurde. Bis dahin führte die Ringstraße über den Pass, der Verlauf der alten, steilen und stark wettergefährdeten Strecke ist noch gut erkennbar. Von dort hatte man wohl auch einen schönen Blick auf Höfn und das Gebiet des Hornafjörður.

Auf der Schotterpiste gelangt man nach etwa 4,5 Kilometern zum Viking Café. Hier kann man sich stärken, aufwärmen und einen Passierschein erwerben, um mit dem Auto auf Stokksnes zu fahren. Dies ist auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Der Landbesitzer erhebt also für sein Land ein Eintrittsgeld!

Bei Stokksnes handelt es sich um eine flache Landzunge, von der aus man dann aus Richtung Meer zurück aufs Festland blicken kann. An der Spitze der Landzunge steht ein Leuchtturn, außerdem befindet sich hier eine ehemalige NATO-Radarstation.

In der Nähe des Viking Café befindet sich ein Wikingerdorf, welches man besuchen kann. Dieses ist aber keineswegs echt, sondern wurde als Kulisse für einen später nie gedrehten Film errichtet. Deshalb habe ich mir den Fußweg gespart. Denn mein Ziel war etwas anderes – eines der für mich schönsten Fotomotive in Island – das Vestrahorn. Das Vestrahorn ist ein 454 Meter hoher Berg direkt am Atlantik. Zusammen mit einigen anderen Erhebungen des Bergmassivs Klifatindur bildet es eine abgeschlossene Bergkette, die in Kombination mit den vorgelagerten grasbewachsenen Lavasanddünen ein eindrucksvolles Panorama von unglaublicher Schönheit bildet.

Ein holperiger Schotterweg führt vom Viking Café schnurgerade hinaus auf die Landzunge. Als erstes muss man aber mit dem erworbenen Ticket die Schranke zur Landzunge öffnen. Dann zweigt die Piste zum Parkplatz für den Besuch des Wikingerdorfes nach links ab. Von dort aus muss man zu Fuß durch das teilweise sumpfige Gelände laufen.

Auf etwa halber Strecke auf die Landzunge ist dann eine Parkfläche aufgeschüttet. Von hier aus kann man den atemberaubenden Blick über die schwarzen Sanddünen in Richtung des Bergmassivs genießen. Man kann auch durch die Dünen und – bei Ebbe – zur Lagune laufen und findet immer wieder herrlich schöne Motive.

Fährt man die Landzunge noch weiter hinaus, gelangt man bis vor das Tor der ehemaligen Radarstation. Von hier aus kann man ebenfalls in Richtung der Lagune laufen. Hier hat sich aber die Perspektive bereits geändert, rechts vom Vestrahorn ist von hier aus auch das Brunnhorn zu erkennen. Das ist der markante Berg mit den drei Spitzen, der aufgrund der Ähnlichkeit mit der Figur auch Batman Mountain genannt wird.

Auch dies ist ein sehr schönes Panorama, allerdings finde ich den Anblick der geschlossenen Bergkette ohne die dahinter hervorscheinenden Berge noch eindrucksvoller.

Biegt man vor der Radarstation rechts ab, gelangt man auf einen Parkplatz kurz vor den Klippen der Küste. Von hier aus kann man z.B. zum Leuchtturm laufen. Je nach Windrichtung und -stärke kann man hier die enorme Kraft des Atlantik spüren.

Letztlich fuhr ich noch zu dem Parkplatz, von dem aus man zum Wikingerdorf laufen kann. Da das Gelände aber zum Teil sehr sumpfig war, ich noch viel vorhatte und es sich ja nur um eine Filmkulisse handelte, habe ich auf die Besichtigung verzichtet.

 

Als Fazit möchte ich sagen, das Stokksnes eine der beeindruckendsten Landschaften ist, die ich gesehen habe. Hier muss das Herz jedes Fotografen höher schlagen! Wenn ich einmal das Wort episch für eine Landschaft benutzen dürfte, dann hier!

Und dabei habe ich noch nicht einmal optimale Verhältnisse vorgefunden. Zwar spielte das Wetter mit und im Laufe meines Besuches verschwanden auch die vor der Bergkette vorbei ziehenden Wolken; wäre aber auch noch Flut gewesen und das Wasser in die Lagune geflossen, hätte ich möglicherweise eine perfekte Spiegelung des Berges im Wasser sehen können.

Somit ergibt sich definitiv ein Grund, bei einer späteren Reise noch einmal hier vorbei zu kommen. Auch ein Besuch bei Sonnen­aufgang oder Sonnen­untergang ist sicher lohnenswert.

5/5

Auch wenn man hier für den Zugang zu freier Natur Eintritt bezahlen muss, ist dieser Ort speziell für (Landschafts-)Fotografen ein absolutes Pflichtprogramm.  
Dauer: ca. 30-… min
Preis: 900 ISK / ca. 5.55 Euro (Stand 2020)

Die Wirtin im Guesthouse Nýpugarðar hatte mir noch zwei Geheimtipps mit auf den Weg gegeben. Diese hatte ich nun noch auf meinem Plan. Leider waren beide Unternehmungen nicht erfolgreich, boten aber dennoch schöne Motive und Erinnerungen.

Hvannagil

oder: auf der Suche nach dem Goldenen Tal

Die erste Empfehlung war Hvannagil, auch als Golden Valley bezeichnet. Dazu fuhr ich zurück auf die Ringstraße und folgte dieser dann 20 Kilometer in nördlicher Richtung. Man gelangt nach Durchfahren des bereits weiter oben erwähnten Tunnels in das Gebiet Lónsveit. Dieses wird begrenzt durch die Bergrücken von Eystrahorn und Vestrahorn, die auch die Bucht Lónsvík umschließen.

Nach Überqueren des Gletscherflusses Jökulsá í Lóni ging es nach links auf eine Schotterpiste. Diese dient als Zufahrt zu den zahlreichen Ferienhäusern in dieser Gegend. Auf Google-Maps ist die Straße nur ein paar hundert Meter lang. Das hat auch seinen Grund, verwandelt sie sich doch immer mehr in eine kaum noch erkennbare Piste. Ohne mein 4×4-Upgrade beim Auto wäre ich definitiv umgekehrt, hier half mir vor allem auch die größere Bodenfreiheit. Wie man auf der Karte von OpenStreetMap sehen kann, hat die Straße sogar eine Nummer, nämlich die 9713.

Die durchfahrene Landschaft namens Stafafellsfjöll entlang des Gletscherflusses war aber beeindruckend. Nach knapp 5 Kilometern erreichte ich die mir beschriebene Gegend am Ausgang des Hvannagil. Die ‚Straße‘ führte hier durch ein großes Geröllfeld, der Verlauf war kaum noch zu erahnen. Ich machte mich zu Fuß auf den Weg zum Tal. Nach einigen Metern hatte ich einen Fluss vor mir, der aus dem Tal kam, aber zu meinen Füßen im Geröllfeld versickerte.

Es kamen mir nun auch schon drei Leute entgegen, die einen eher enttäuschten Eindruck machten. Warum, merkte ich auch bald. Um das Tal zu erreichen, musste man den Fluss durchqueren. Und der war hier 15-20cm tief und eiskalt. Aus Rücksicht auf meine Füße und die Fotoausrüstung verzichtete ich also auf den weiteren Weg.

Im Nachhinein betrachtet hätte ich natürlich auch mit dem Auto durch den Fluss fahren können. Aber da hatte ich als normaler Mitteleuropäer und zudem Alleinreisender doch zu viel Respekt. Aber auch so war die Gegend schon sehr beeindruckend.

Fláajökull

oder: mit Moos nix los

Die zweite Empfehlung war der Fláajökull, eine der drei vom Guesthouse Nýpugarðar aus sichtbaren Gletscherzungen. Dazu fuhr ich auf der Ringstraße fast den gesamten Weg zurück, bog dann aber nach rechts in die Straße 986 in Richtung Rauðaberg ab. Nach reichlich 6 Kilometern endete die Straße am – geschlossenen – Haukafell Campground. Ab hier sollte es zu Fuß weitergehen. Zunächst musste eine Holzbrücke über einen Feldzaun überstiegen werden, eine in Island recht häufig vorkommende Möglichkeit, Menschen passieren zu lassen, Schafe aber aufzuhalten. Dann ging es ein ganzes Stück ohne erkennbaren Weg weiter, es folgte eine längere Brücke über den Gletscherfluss. Die Brücke war relativ neu (aus den 2000er Jahren), machte einen massiven Eindruck, schwankte aber sehr stark, denn sie war nur auf drei dicken Strahldrähten gebaut.

Es folgte ein Stück Grasland mit einem Trampelpfad. Dann stand ich – ebenso wie eine 7-köpfige französische Familie – plötzlich vor einem mehrere hundert Meter breiten Moosfeld. Nirgendwo war ein Weg zu erkennen. Und unter dem Motto ‚respect the nature‘ trampelten wir also nicht durchs Moos sondern kehrten um.

Als ich der Wirtin darüber berichtete, war sie sehr erstaunt und meinte, es gäbe einen Fußweg durch das Moosfeld. Meine Vermutung ist, dass die Wege durch die geringen Touristenzahlen in diesem Jahr – auch der nahe gelegene Campingplatz war ja geschlossen – einfach zugewachsen waren.

Am Abend stand auch ein Auto mit deutschem Kennzeichen vor dem Haus. Ich kam mit den Besitzern, einem Ehepaar aus Köln, ins Gespräch. Auf meine Frage, ob sie zum ersten Mal in Island seinen, antworteten sie ‚Ja, aber bestimmt nicht das letzte Mal‘. Auch sie waren also von Island-Virus angesteckt. Sie waren auf einer mehrwöchigen Reise und hatten schon recht viel gesehen, dennoch konnte ich ihnen noch einige Tipps geben.

Sonntag, 16. August 2020

im Reich der Eisberge

 
  • Wetter

    Temperatur 14 - 16°C ● sonnig, kein Regen ● schwacher Wind

  • Wegstrecke

    Auto: 186 km / zu Fuß: 7 km

Und schon wieder stand ein Highlight auf meinem Programm, bei fantastischem Wetter ging es zur Gletscherlagune Jökulsárlón und dem nahe gelegenen Diamond Beach. Von der Pension aus waren es nur 50 Kilometer. Ich hatte mir bereits von dort aus online ein Ticket für eine Tour mit dem Amphibienboot gebucht. Die Tour sollte um 11:20 Uhr losgehen.

Ich erreichte die Lagune bereits gegen 10 Uhr und fand so problemlos einen Parkplatz, obwohl es doch schon relativ voll war. Ich möchte nicht wissen, was sich ohne Corona hier abgespielt hätte.  Am (Haupt-)Parkplatz findet man auch gastronomische Einrichtungen, WCs und die Ticketverkäufe. Man kann Touren mit schnellen Zodiac-Schlauchbooten unternehmen, mit denen man bis fast an den Gletscher heran gelangt. Bequemer sind die gelb-weißen Amphibienfahrzeuge, so dass ich mich für diese Variante entschieden hatte.

Da aber noch genügend Zeit war, lief ich am linken Ufer des Flusses Jökulsá á Breiðamerkursandi bis hinter die Brücke unter der Ringstraße. Und ich erlebte ein eindrucksvolles Schauspiel der Natur. Auf dem großen See treiben Eisberge, manchmal zerbrechen sie mit Getöse, stoßen mit einem lauten Knall aneinander, einige kippen und drehen sich, im gleißenden Sonnenlicht scheint das Eis in hellblau zu erstrahlen. Dazwischen schwimmen manchmal Robben. Je kleiner die Eisbrocken werden, desto schneller werden sie in Richtung Meer getrieben, um dann durch Islands kürzesten Fluss, die Jökulsá á Breiðamerkursandi, dorthin mitgerissen werden.

Übersetzt heißt Jökulsárlón einfach Gletscherflusslagune. Die Lagune ist erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden. Zuvor reichte die Gletscher­zunge Breiðamerkurjökull, die größte des Vatnajökull, bis zum Meer. Mit dem Rückzug des Breiðamerkurjökull entstand der Jökulsárlón, der auch heute noch ständig wächst. Noch in der Mitte der 70er-Jahre war er nur 8 Quadratkilometer groß, mittlerweile ist er auf über 20 Quadratkilometer angewachsen. Der Jökulsárlón ist an seiner tiefsten Stelle über 240 Meter tief. Damit ist er Islands tiefster See.

Bekannt ist der Jökulsárlón für die auf ihm treibenden Eisberge. Diese erreichen Höhen von bis zu 15 Metern. Große Eisflächen lösten sich zunächst von der Gletscherzunge des Breiða­merkur­jökull ab. Das Eis des Gletschers besteht auf komprimiertem Schnee, 12 Meter Schnee wurden dabei zu einem Zentimeter Eis zusammengepresst.

Mit der Zeit schmelzen die Eisberge langsam ab, brechen auseinander, werden so immer kleiner. Letztlich werden sie durch den kurzen Fluss Jökulsá á Breiðamerkursandi in den nahen Atlantik getrieben und hauchen dort ihr Leben aus.

Das Gebiet um die Lagune war bis 2017 im Privatbesitz. Dann erwarb es der isländische Staat, stellte es unter Naturschutz nahm es in den Vatnajökull-Nationalpark auf.

Die Gletscherlagune war bereits Schauplatz für bekannte Filmproduktionen, wie James Bond – Stirb an einem anderen Tag, James Bond 007 – Im Angesicht des Todes, Tomb Raider und Batman Begins. Da für den James-Bond-Film Stirb an einem anderen Tag Autos auf dem See fahren sollten, wurde der Zugang zum Meer verschlossen und der See fror innerhalb weniger Tage zu.

Dann ging es zur Amphibienboottour. Ich wurde noch gefragt, ob ich auch die Tour 20 Minuten später nehmen würde, was für mich ja kein Problem war. Auf dem Boot war dann Maskenpflicht, man bekam aber auf Wunsch die Maske gratis. Die Fahrt durch die Eisberge war beeindruckend und man bekam auch noch viele interessante Informationen. Nur die sonst übliche Eisverkostung fiel coronabedingt aus. Die Amphibienfahrzeuge vom Typs LARC-V stammen aus dem Bestand des amerikanischen Militärs. Sie wurden nach der Ausmusterung von geschäfts­tüchtigen Isländern erworben, die damit seit über 25 Jahren die Touren auf dem Jökulsárlón anbieten.

Nach dieser eindrucksvollen Tour quer durch die skurrilsten Eisformationen ging es zu Fuß weiter. Von einem direkt am Ufer gelegenen Hügel hat man einen noch besseren Überblick über die dahintreibenden Eisberge.

Anschließend gönnte ich mit eine Pause mit einem Hot Dog und einem Kaffee. Dann ging es noch einmal an das Ufer. Und jedes Mal hat man ein anderes Bild vor Augen. Es ist einfach nur großes Kino. Und so wird es auch von einigen Besuchern betrachtet; kaum mit dem Wohnmobil vorgefahren, wurden die Campingstühle aufgestellt und schon konnte die Vorstellung beginnen. Ganz ohne Eintrittspreis. Und wenn man Glück hat, wird man auch noch mit einer vorbeischwimmenden Robbe belohnt.

Nachdem ich mich bisher nur am linken Ufer der Jökulsá á Breiðamerkursandi aufgehalten hatte, begab ich mich nun auf die andere Seite. Zunächst ging es an den schwarzen Strand, obwohl ich schon festgestellt hatte, dass die ganz große Show hier heute ausbleiben würde.

Die ins Meer getriebenen Eisbrocken werden nämlich von der Flut zum Teil wieder auf den schwarzen Strand gespült und bei einsetzender Ebbe dort zurück gelassen. Die liegen dann wie glitzernde Diamanten im schwarzen Sand, deshalb wird dieser Strand auch als Diamond Beach bezeichnet. Das ist aber nur eine von der Tourismusbranche geschaffene Bezeichnung. ein Isländer wird mit diesem Namen nicht viel anfangen können.

Für mich waren die Umstände aber nicht optimal, es war schon längere Zeit Ebbe, so dass die wenigen Eisblöcke bereits getaut waren. Aber ab und an wurde noch ein kleiner Brocken angespült, so das es für ein paar Fotos reichte.

Für mich ist es aber definitiv ein Grund, unter optimaleren Bedingungen hier wieder hinzukommen. Einerseits werde ich dann besser die Gezeiten studieren, wahrscheinlich sind die Bedingungen zu einem früheren Reisezeitpunkt, z.B. im Juni, auch besser.

Zum Ende hin ging es noch einmal zum rechten Ufer vor der Brücke, um ein paar Impressionen zu genießen. Das Wetter hatte sich die gesamte Zeit von seiner besten Seite gezeigt. Und ich hatte mir einen Sonnenbrand eingefangen, wie ich am nächsten Tag feststellen musste. Sonnenschutz hatte ich selbstverständlich nicht mitgenommen, ich war ja schließlich in Island.

5/5

Ich kann hier nur für die Amphibienboottour sprechen, die lohnt aber auf jeden Fall, auch wenn der Preis ziemlich heftig ist. Vor allem wenn die Sonne scheint und das Eis in blauen Tönen schimmert, erhält man unvergessliche Eindrücke.
Dauer: ca. 45 min
Preis: 5.900 ISK / ca. 36.50 Euro (Stand 2020)

Auf dem Rückweg machte ich dann einen zweiten Versuch, die am Vortag nicht erreichte Gletscherzunge des Fláajökull zu erreichen. Ich hatte auf Google-Maps einen anderen Weg entdeckt (Karte). Diese nummernlose Piste ist in der Normalansicht nicht sichtbar, man kann sie aber in der Satelliten­ansicht erkennen. Reichlich einen Kilometer hinter der Abzweigung nach Nýpugarðar geht links eine Schotterpiste von der Ringstraße ab. Es ist auch ein Hinweisschild auf den Fláajökull aufgestellt. Man folgt einer mäandernden Schotterstraße über 8 Kilometer und glaubt sich im Nirgendwo.

Schließlich erreicht man eine Stelle, die auf Google-Maps eingezeichnet ist, den Fláajökull Parking Spot. Laut Karte somit ein Parkplatz ohne Weg dahin. Der Google-Maps-Pluscode lautet 9CP68CFR+66. Von hier aus hat man einen schönen Blick zur Gletscherzunge, aber noch den Gletscherfluss dazwischen. Die Straße führt laut Satellitenansicht noch etwas weiter, scheint dann aber im Nichts zu enden, so dass ich darauf verzichtete.

Nach dem Abendessen kam ich mit weiteren deutschen Reisenden ins Gespräch, einem Herrn in Begleitung einer älteren Dame. Sie waren auf einer einwöchigen Reise durch den Süden und ich konnte ihnen eine Menge Empfehlungen geben, was sie sich unbedingt anschauen sollten.

 

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