Im Juni 1783 begann mit dem Laki-Ausbruch in Island die größte Naturkatastrophe der Neuzeit, die verheerende Auswirkungen nicht nur auf Island, sondern auf der gesamten nördlichen Halbkugel der Erde haben sollte. Der Ausbruch wird in Island auch als Skaftáreldar (Skaftá-Feuer) bezeichnet.
geografische Lage
Die Lakagígar (Krater von Laki) sind eine vulkanische Spalte im westlichen Teil des heutigen Vatnajökull-Nationalparks. Sie sind nicht weit von der Feuerschlucht Eldgjá und dem Ort Kirkjubæjarklaustur entfernt.
Die Spalte wird als Lakagígar bezeichnet, Laki ist ein Berg inmitten dieser Spalte. Lakagígar ist Teil eines Vulkansystems Grímsvötn und liegt zwischen den Gletschern Mýrdalsjökull und Vatnajökull in einem von Spalten durchzogenen Gebiet mit zahlreichen von Südwest nach Nordost ausgerichteten Rissen.
Die Kraterreihe wird dem Vulkansystem Grímsvötn zugerechnet. Grund dafür ist, dass der Grímsvötn 1783 gleichzeitig mit den Laki-Kratern ausbrach.
Ausbruch
Ablauf
Am 8. Juni 1783, dem Pfingstsonntag, öffnete sich ein über 25 Kilometer langer Spalt, in dem aus mehr als 130 Öffnungen Magma an die Oberfläche trat. Aufgrund des Kontaktes mit Grundwasser kam es zu gewaltigen phreatischen Eruptionen. Diese treten durch die sofortige Verdampfung des Wassers auf und schleudern Dampf, Wasser, Asche, Gestein und vulkanischen Bomben in die Höhe. Die Lavafontänen wurden auf eine Höhe von 800 bis 1.400 Metern geschätzt.
Die Explosionen nahmen mit der Zeit ab, es kam dann aber zu mächtigen Lavaströmen, die sich über die Gegend ergossen. Die Lava erreichte Mengen von 8.600 m³/s. Das ist anderthalbmal so viel Lava, wie Wasser über die Niagarafälle stürzt! Diese Lavaströme bewegten sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 17 Kilometern am Tag voran. Diese Lava bildet heute unter anderem das riesige Lavafeld Eldhraun. Das gesamte von der Lava bedeckte Gebiet umfasst etwa 600 km².
Der Fluss Skaftá trocknete durch Verdunstung völlig aus, die Lava strömte nun mit dem normalen Wasserfließvolumen des Flusses durch das Flussbecken. Am Ende hatte sie die 100 Meter tiefe Schlucht des Flusses auf einer Länge von 27 Kilometern vollständig gefüllt.
Noch wesentlich schlimmer waren aber die ausgestoßenen Schwefel- und Fluorgase, die den Hauptanteil an den verheerenden Folgen hatten. Diese Gase erreichten Höhen von bis zu 15 Kilometern. In Island wurde die Katastrophe als Móðuharðindin (Nebelnot) bezeichnet.
Der Laki-Ausbruch dauerte bis zum 7. Februar 1784.
Eruption
Lava
Der Ausbruch förderte 42 Milliarden Tonnen Lava zutage. Dies entspricht einem Volumen von 14,7 km³. Diese Menge würde ausreichen, um die gesamte Stadt München bis zu den Stadtgrenzen 47 Meter hoch mit Lava zu bedecken! Selbst für ganz Schleswig-Holstein wären es noch 93 Zentimeter.
Die folgende Karte zeigt, wie sich die Lava über das Gebiet verteilt hat.
Gase
Der Ausbruch setzte 122 Millionen Tonnen Schwefeldioxid und 8 Millionen Tonnen Fluor frei. Von dem Schwefeldioxid gelangten 95 Millionen Tonnen in die obere Troposphäre und untere Stratosphäre. Sie zirkulierten so mit dem Jetstream um die gesamte Nordhalbkugel. Ein großer Teil des ausgestoßenen Schwefeldioxids reagierte mit den Wassertröpfchen der Wolken zu Schwefliger Säure und Schwefelsäure.
Schilderungen
Über den Laki-Ausbruch sind viele Informationen verfügbar. Diese sind zum großen Teil dem Pfarrer Jón Steingrímsson (1728–1791) zu verdanken, der umfangreiche Aufzeichnungen zum Ablauf der Katastrophe verfasste, die heute der Wissenschaft als wichtige Informationsquelle dienen (Eldrit. A complete description of the Síða Fires 1788).
This past week, and the two prior to it, more poison fell from the sky than words can describe: ash, volcanic hairs, rain full of sulfur and saltpeter, all of it mixed with sand. The snouts, nostrils, and feet of livestock grazing or walking on the grass turned bright yellow and raw. All water went tepid and light blue in color and gravel slides turned grey. All the earth's plants burned, withered and turned grey, one after another, as the fire increased and neared the settlements.
Jón Steingrímsson; Keneva Kunz (1998). Fires of the earth: the Laki eruption, 1783–1784. University of Iceland Press
In der vergangenen Woche und den beiden davor fiel mehr Gift vom Himmel, als Worte beschreiben können: Asche, Vulkanhaare, Regen voller Schwefel und Salpeter, alles mit Sand vermischt. Die Schnauzen, Nasenlöcher und Füße von dem Vieh, das auf den Wiesen graste oder lief, wurden leuchtend gelb und roh. Alles Wasser wurde lauwarm und hellblau und Kies wurde grau. Alle Pflanzen der Erde brannten, verdorrten und wurden grau, eine nach der anderen, als das Feuer zunahm und sich den Siedlungen näherte.
Berühmt wurde Jón Steingrímsson auch durch seine Feuerpredigt (Eldmessa), die er am 20. Juli 1783 hielt. Die Bewohner von Kirkjubæjarklaustur beteten für ihren durch den Lavastrom gefährdeten Ort. Tatsächlich stoppte die Lava, während die Bürger noch in der Kirche waren.
Heute erinnert eine Kapelle in Kirkjubæjarklaustur an Jón Steingrímsson.
Folgen des Laki-Ausbruchs
Island
Die Folgen für Island waren katastrophal. 80% der Schafe, 50% der Rinder und 50% der Pferde starben hauptsächlich an Zahn- und Skelettfluorose. Das Fluor hatten sie durch das Fressen kontaminierten Grases aufgenommen. Dies und die Zerstörung der überwiegenden Mehrheit aller Nutzpflanzen durch den sauren Regen führten zu einer Hungersnot, an der 25% der isländischen Bevölkerung zugrunde ging.
Durch die Lavaströme wurden auch 20 Ansiedlungen vollständig zerstört.
Europa
Der Sommer 1783 war der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen. Er war aber von einem dichte Nebel begleitet. Die Sonne wird in zeitgenössischen Berichten oft als ‚Blutsonne‘ beschrieben.
Die Giftwolke des Laki-Ausbruchs trieb in einem großen Bogen über Nordeuropa. Sie erreichte das Festland bei Bergen in Norwegen, erreichte dann Sankt Petersburg, Prag (17. Juni), Berlin (18. Juni), Paris (20. Juni), Le Havre (22. Juni) und schließlich am 23. Juni Großbritannien. Der dichte Nebel verhinderte das Auslaufen der Schiffe. Im Osten von England stieg die Sterblichkeitsrate besonders von Landarbeitern auf das bis zu 3-fache an. Die Auswertung von Kirchenbüchern dieser Zeit ergab, dass in Großbritannien in dieser Zeit etwa 23.000 Menschen zusätzlich starben.
Der Nebel löste sich erst im Herbst wieder auf. Der folgende Winter war extrem hart und lang. Er forderte in Großbritannien weitere 8.000 Tote. Die auf den Winter folgende Schneeschmelze führte in Mitteleuropa (und auch in Deutschland) zu extremen Hochwassern. Der höchste jemals gemessene Stand des Rheins am Pegel Köln wurde am 27./28. Februar 1784 mit 13,84 Metern erreicht.
In Frankreich gab es eine Folge von Missernten, Armut und Hungersnöte nahmen zu. Dies soll entscheidend zur Französischen Revolution von 1789 beigetragen haben.
weltweite Folgen
Am 1. Juli 1783 wurde der Schwefeldunst in China bemerkt.
Anhand von Baumringen aus Nordalaska konnte festgestellt werden, dass die Durchschnittstemperatur im Sommer 1783 mit 7,2°C um mehr als vier Grad unter dem Durchschnittswert von 11,3°C lag.
Der Winter 1783/1784 war der bisher längste und kälteste. Im Osten der Vereinigten Staaten lag die durchschnittliche Wintertemperatur um 4,8°C unter dem Jahresdurchschnitt. Der Mississippi in New Orleans war zugefroren und es gab Berichte über Eisschollen im Golf von Mexiko.
Mündliche Überlieferungen der Inuit berichten von einem ‚Sommer, der nicht kam‘.
Insgesamt lagen die Durchschnittstemperaturen auf der Nordhalbkugel 2-3 Jahre nach dem Ausbruch um 1,3 °C unter den Normalwerten.
Der Laki-Ausbruch beeinflusste die Monsunzirkulation in Indien und in Afrika. Die geringeren Niederschläge über der Sahel-Zone führten zu Niedrigwasser im Nil und dieses zu einer Hungersnot in Ägypten, die ein Sechstel der Bevölkerung das Leben kostete.
Winter 1783/1784 (Wikipedia)